Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im April 2018, die schon lange kritisierten Vorschriften zur Berechnung der Einheitswerte für Grundstücke und Gebäude aufgrund der völlig veralteten Datengrundlage für verfassungswidrig erklärt. Seit dem Jahr 1965 wurde keine Neubewertung des Grundbesitzes vorgenommen. Die Einheitswerte als Grundlagen der Berechnung orientieren sich an Wertfeststellungen aus den Jahren 1964 (alte Bundesländer) bzw. 1935 (neue Bundesländer). Die heutigen realen Verkehrswerte liegen deutlich über diesen Werten.
Die obersten Verfassungsrichter verpflichteten somit den Gesetzgeber, die Berechnungsgrundlagen der Grundsteuer zu reformieren. Bundestag und Bundesrat haben dann im Herbst 2019 mit der Verabschiedung des Grundsteuer-Reformgesetzes (GrStRefG) fristgerecht neue Bewertungsregeln geschaffen. Künftig soll sich die Steuer am Wert der Grundstücke und Immobilien orientieren. Eine spezielle Öffnungsklausel ermöglicht es den Ländern aber, eigene Wege zu gehen.
Was ist die Grundsteuer?
Bei der Grundsteuer handelt es sich um eine laufende Besteuerung des Grundstücks (Grund und Boden bzw. Gebäude) und neben der Gewerbesteuer um die wichtigste Einnahmequelle für die Kommunen in Deutschland. Die Grundsteuer trägt entweder der Eigentümer einer Immobilie selbst oder im Zuge der Vermietung über die Nebenkostenabrechnung der Mieter. Die Einnahmen sind für die Städte unverzichtbar, da diese unmittelbar in den Haushalt eingehen und beispielsweise dem Straßenbau oder der Finanzierung und dem Unterhalt von Schulen, Schwimmbädern sowie weiteren kommunalen Einrichtungen dienen. Im Jahr kommen bundesweit mehr als 14 Milliarden Euro an Grundsteuer zusammen.
36 Millionen Grundstücke in Deutschland sind damit betroffen und neu zu bewerten! Dafür sind von Grundstücksbesitzern dann entsprechende Erklärungen abzugeben.
Derzeit ist vorgesehen, dass die Grundstückeigentümer aufgefordert werden, eine Erklärung zur Feststellung der Grundstückswerte bereits im ersten Halbjahr 2022 bis zum 30. Juni 2022 abzugeben.
Die Grundsteuer soll danach alle 7 Jahre neu erhoben werden!
Wie wird die Grundsteuer künftig berechnet?
Die vom Bund vorgegebene Neuregelung knüpft an die bisherige Regelung an. Damit wird die Grundsteuer auch künftig in drei Schritten berechnet:
Grundbesitzwert x Steuermesszahl x Hebesatz.
Der Grundbesitzwert wird im Bundesmodell in Abhängigkeit der Grundstücksart ermittelt.
Neu ist insbesondere, dass die Grundstücke nach einem wertabhängigen Modell bewertet werden, wobei es vor allem auf folgende Faktoren ankommt:
- Wert des Bodens (Bodenrichtwert)
- Höhe der statistisch ermittelten Nettokaltmiete
- Grundstücksfläche
- Immobilienart und Alter des Gebäudes
Für Nichtwohngrundstücke (z.B. Geschäftsgrundstücke) soll sich die Grundsteuer am vereinfachten Sachwertverfahren orientieren, das für die Wertermittlung auf die gewöhnlichen Herstellungskosten für die jeweilige Gebäudeart und den Bodenrichtwert abstellt.
Im zweiten Schritt ermitteln die zuständigen Finanzämter den Steuermessbetrag, indem der Grundbesitzwert mit der bei der Reform von 3,5 auf 0,031 Prozent stark reduzierten Steuermesszahl multipliziert wird. Der Steuermessbetrag wird in einem dritten Schritt mit dem individuell festgelegten Hebesatz der Gemeinden multipliziert.
Die Ermittlung der Grundbesitzwerte wird der normale Steuerbürger aufgrund der Komplexität des Bewertungsverfahrens nicht leisten können. An dieser Stelle wird der Steuerberater hilfreich zur Seite stehen müssen.
Neun der 16 Bundesländer (Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen und Nordrhein-Westfalen) haben sich zum Bundesmodell bekannt. Die anderen Bundesländer machen mehr oder weniger von der Länderöffnungsklausel Gebrauch und entwickeln eigenständige Modelle, die die Grundsteuer weitestgehend wertunabhängig ermitteln sollen.
Komplett neu ist die Einführung einer Grundsteuer C in einigen Bundesländern, die auf diese Weise der ausufernden Bodenspekulation entgegentreten soll. Baureife, aber unbebaute Grundstücke können demnach mit einem höheren Hebesatz bemessen werden. Ob professionelle Bodenspekulanten hierdurch abgeschreckt werden, bleibt abzuwarten. Experten befürchten eher, dass die Mehrsteuer bei einer Veräußerung der Grundstücke auf den Verkaufspreis aufgeschlagen wird und die Bodenpreise weiter nach oben treibt.